Die Halb-Filipina Evelyn mit ihrer philippinischen Tagalog-Lehrerin.

Die Halb-Filipina Evelyn (rechts) mit ihrer philippinischen Tagalog-Lehrerin. © Evelyn Kalis

Habt Ihr vielleicht auch schon mal darüber nachgedacht, Tagalog direkt auf den Philippinen zu lernen? Ich muss zugeben, dass mir der Gedanke schon häufiger durch den Kopf gegangen ist. Aber leider braucht dieses Vorhaben viel Zeit, denn innerhalb von drei Wochen Urlaub kann man keine Sprache lernen. Im Berufsleben also eher problematisch, außer man nimmt sich eine Auszeit. Wer es meiner Meinung nach absolut richtig gemacht hat: die 19-jährige Halb-Filipina Evelyn. Sie entschied sich, zwischen Abitur und Ausbildung/Studium einen längeren Aufenthalt auf den Philippinen einzulegen, um dort die Sprache ihrer Mutter zu lernen. Der perfekte Zeitpunkt wie ich finde. (Und ich bereue es, damals nach dem Abi nicht selbst auf die Idee gekommen zu sein.)

Auf jeden Fall finde ich es super spannend, dass Evelyn sich für diesen Weg entschieden hat. Da ich denke, dass auch einige von Euch mehr über Evelyns Entscheidung, ihren Tagalog-Kurs auf den Philippinen und ihre Zukunftspläne erfahren möchten, habe ich die gebürtige Berlinerin für meinen Blog interviewt. Erfahrt im ersten Teil des Interviews, wie Evelyn Tagalog gelernt hat, welchen sprachlichen Schwierigkeiten sie gegenüberstand und was das Interessanteste war, dass sie im Sprachkurs gelernt hat. Der zweite Teil des Interviews folgt demnächst.

Im Interview: Halb-Filipina Evelyn über ihren Tagalog-Sprachkurs auf den Philippinen

Liebe Evelyn, wie kam es zu Deiner Entscheidung, nach dem Abitur auf die Philippinen zu fliegen?

Evelyn: Meine Mutter hat mir leider nie Tagalog beigebracht und das hat mich schon seid meiner Kindheit belastet, da man sich nie mit seinen Verwandten auf den Philippinen wirklich unterhalten konnte oder auch hier immer nichts verstanden hat, wenn es zu einer Familienfeier kam. Mir wurde bewusst, dass ich die Sprache wirklich lernen will, als ich ungefähr 16 Jahre alt war, da ich zu dieser Zeit einer philippinischen Tanzgruppe beigetreten bin und natürlich die Einzige war, die die Sprache nicht beherrschte. Ich fühlte mich der Heimat meiner Mutter so fern, obwohl ich gerne ein Teil davon wäre, da die Philippinen mit ihrer Kultur und allem, was damit zusammenhängt, mich einfach faszinieren. Die Idee, für ein Jahr auf die Philippinen zu fliegen, kam während der Anfangszeit des Abiturs. Doch der endgültige Entschluss erst ungefähr sechs Monate vor meinem Flug. Es war also ziemlich spontan, da ich echt nicht gedacht hätte, dass es wirklich klappt. Aber nun bin ich seit Dezember hier und habe meinen Traum wahr gemacht.

“Im Allgemeinen bestand der Unterricht aus Texte schreiben, Kontrollieren und dann Fehler erklären.”

Du hast von Ende Januar bis Ende März einen privaten Tagalog-Sprachkurs auf den Philippinen gemacht. Beschreibe doch mal bitte, wie ein typischer Sprachkurs-Tag aussah. Wie ist deine Lehrerin vorgegangen? Was war ihr besonders wichtig, dir zu vermitteln? Und welche Lernmittel nutzt ihr?

Evelyn: In unseren ersten Stunden des Sprachkurses haben wir uns mit allgemeinen Phrasen auseinandergesetzt, um ein Gefühl für die Sprache zu bekommen. Schon dort konnte ich vereinzelt Fragen hinsichtlich Vokabeln oder Satzstellungen stellen, aber tiefgründiger wollte meine Lehrerin natürlich erst in den späteren Stunden gehen, wenn wir dies genauer betrachten. Für den Anfang war es ihr wichtig, dass ich einen guten Überblick bekomme.

Nachdem wir nach einer Woche diese Phrasen beenden konnten, ging die eigentliche Unterrichtsroutine los. Zu Beginn jeder Stunde wurden meine Hausaufgaben kontrolliert, welche meist aus kurzen Texten bestanden (nicht mehr als zehn Sätze), die ich selber schreiben musste, wie z.B. Tagebucheinträge. Meine Lehrerin wollte, dass ich mir selber die Texte überlegte, damit die Wörter, die ich aussuchte, auch wirklich die Wörter waren, die ich im alltäglichen Leben benutzen würde. Auch sollte ich selbstverständlich die Texte vollkommen alleine schreiben. Das hieß, dass ich nicht mal schnell meinen Cousin oder das Internet fragen konnte, wie ein Wort auf Tagalog hieß oder ob mein Satz so richtig war. Sie wollte, dass ich mein aktuelles Können einsetzte, und wenn ich etwas falsch machte oder das Wort in Englisch hinschrieb, dann war es genau richtig, denn so konnte sie wissen, wo meine Schwächen waren und wir konnten daran arbeiten. So konnte es schonmal sein, dass das Kontrollieren der Hausaufgaben eine Stunde gedauert hat, da wir jeden Satz einzeln besprachen und ich meine Fragen stellte, die ich während des Schreibens nicht stellen konnte.

Nach den Hausaufgaben haben wir uns dann weiter mit der Grammatik befasst. Nachdem sie mir neue grammatikalische Regeln beigebracht hatte, musste ich diese anwenden und das Ergebnis hatten wir dann wieder gemeinsam ausgewertet. Im Allgemeinen bestand der Unterricht aus Texte schreiben, Kontrollieren und dann Fehler erklären. Direkte Bücher oder ähnliches hatten wir nicht, aber sobald etwas Neues besprochen wurde, haben wir es in mein Notizbuch niedergeschrieben und vereinzelt habe ich auch kleine Zusammenfassungen zu einem besprochenen Thema bekommen.

Evelyn auf den Philippinen.

Evelyn auf den Philippinen. © Instagram/Evelyn Kalis

Was war das Interessanteste, das Du im Sprachkurs gelernt hast?

Evelyn: Das wohl Interessanteste, aber auch Schwerste an der Sprache, ist wohl der ‘Fokus’, also worauf sich der Satz im Speziellen bezieht. Es gibt den Actor-, Object-, Location-, Beneficiary- und Instrumental-Fokus. Dabei kommt es immer darauf an, was bei der Aussage am wichtigsten ist. Der Fokus hängt auch ganz eng mit den Verb-Affixen zusammen, welche sehr vielfältig sind. Das macht die Verben auch sehr interessant, da man meist mit einem root-verb und verschiedenen Affixen viele verschiedene Dinge ausdrücken kann.

Welchen sprachlichen Schwierigkeiten standest Du regelmäßig gegenüber? Was braucht wirklich Zeit, um es sich einzuprägen?

Evelyn: Probleme bereiten mir immer noch die Verben und der Fokus. Abgesehen von der Frage, welche wohl am besten für den Satz geeignet sind, muss man nun auch die richtige Zeitform anwenden, was in schriftlicher Arbeit meist viel einfacher ist als in der sprachlichen Umsetzung. Wenn ich mit meiner Familie in Tagalog spreche (sofern ich es beherrsche), dann mach ich auch immer den Fehler mit dem ‘ito’ (this) und dem ‘iyan’ (that – ‘near to you’) und ‘iyon’ (that – ‘Far from you and me’).

Erfahrt im zweiten Teil des Interviews unter anderem, welche Zukunftspläne Evelyn hat, wie sie ihre Tagalog-Kenntnisse in Deutschland vertiefen möchte und was sie anderen Halb-Filipinas und -Filipinos raten würde, die sich ebenfalls für einen Tagalog-Sprachkurs auf den Philippinen interessieren.

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